Kreisfreie Städte erheben mit Ganteführer Verfassungsbeschwerde
Düsseldorf, 21.12.2022: Die Städte Bonn, Bottrop, Dortmund, Düsseldorf, Köln, Münster, Solingen und Wuppertal haben am Dienstag Verfassungsbeschwerde gegen das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) des Landes NRW beim Verfassungsgerichtshof NRW in Münster eingelegt. Diese kreisfreien Städte wenden sich damit stellvertretend für alle weiteren in NRW gegen eine Ungleichbehandlung im kommunalen Finanzausgleich. Die Düsseldorfer MDP-Kanzlei Ganteführer vertritt die beschwerdeführenden Städte in dem Verfahren.
Mit dem GFG bestimmt das Land jährlich, wie die von der Landesverfassung vorgeschriebene Verteilung eines Teils der Steuereinnahmen des Landes auf die Kommunen erfolgen soll. Im Jahr 2022 ist der sog. Steuerverbund mit insgesamt rund EUR 13,8 Mrd. dotiert. Bei der Verteilung dieser Mittel ist das Land nicht frei, sondern muss die unterschiedlichen Bedarfe und die ungleiche Steuerkraft der Kommunen berücksichtigen. Eine Kommune mit einem hohen Bedarf und geringer eigener Steuerkraft erhält also mehr Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich als eine mit weniger Bedarf und großer Steuerkraft.
Mit dem GFG 2022 hat der Landes-Gesetzgeber bei der Ermittlung der Steuerkraft erstmalig zwischen kreisfreien Städten und kreisangehörigen Gemeinden differenziert. Im Ergebnis führt das im Jahr 2022 zu einer Umverteilung mit einem Volumen von rund EUR 119 Mio. vom kreisfreien Raum in den kreisangehörigen Raum. Zur Begründung führt der Gesetzgeber an, dass kreisfreie Städte höhere Hebesätze bei der Grundsteuer und der Gewerbesteuer festsetzen als kreisangehörige Städte und Gemeinden.
Dies ist zwar sachlich richtig, greift aber zu kurz. Denn die kreisfreien Städte mussten in den vergangenen Jahren aus einem erheblichen Konsolidierungsdruck heraus die Hebesätze erhöhen, besonders verschuldete Kommunen wurden dazu sogar von der Kommunalaufsicht angehalten. Die höheren Hebesätze der kreisfreien Städte sind damit entgegen der Einschätzung der Landesregierung im GFG 2022 nicht Ausdruck von Steuerstärke, sondern vielmehr von Finanzschwäche. Sie können demzufolge keine sachgerechte Anknüpfung für eine Ungleichbehandlung zwischen kreisfreien Städten und kreisangehörigen Städten und Gemeinden im kommunalen Finanzausgleich sein.
Sollte der Verfassungsgerichtshof der Argumentation der kreisfreien Städte folgen, könnte das GFG 2022 für verfassungswidrig und damit nichtig erklärt werden. Der Landesgesetzgeber müsste dann ein neues GFG verabschieden, mit dem die Landesmittel ohne Ungleichbehandlung auf die Kommunen verteilt werden, oder zumindest zukünftig im GFG eine gleichmäßige Mittelverteilung vornehmen. Mit einer Entscheidung ist allerdings erst im Jahr 2024 zu rechnen.
Ganteführer hat schon mehrfach erfolgreiche Verfassungsbeschwerden im Bereich des kommunalen Finanzausgleichs geführt, etwa gegen das GFG 2006, das Einheitslastenabrechnungsgesetz sowie das NRW-Ausführungsgesetz zum SGB II. Aktuell führt Ganteführer für eine Reihe steuerstarker Kommunen noch ein Verfassungsbeschwerdeverfahren beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen den sog „Kommunal-Soli“, eine Abundanzumlage zugunsten steuerschwacher Kommunen.
Berater und Vertreter der beschwerdeführenden Städte:
Ganteführer (Düsseldorf): Dr. Jörg Wacker (Partner), Dr. Imke Aulbert (beide Öffentliches Recht)